Leitungsbau am Limit
Ein Gelände mit 45 Grad Gefälle und nur wenige Monate Zeit: nicht so einfache Rahmenbedingungen für die dringend notwendige Erneuerung einer Druckleitung des Elektrizitäts- u. Wasserwerks (EW) Mels, welche die Sarganserländer Gemeinde sowohl mit Trinkwasser als auch Strom versorgt. Dank professioneller Zusammenarbeit aller beteiligten Unternehmen konnten die dafür nötigen Arbeiten wie geplant im September 2023 erfolgreich abgeschlossen werden. Eine Zusammenfassung eines bemerkenswerten Projekts.
Ein Blick zurück auf den 23. Dezember 2020: Ein erheblicher Korrosionsschaden an der aus dem Jahr 1964 stammenden Stegenquellen-Druckleitung sorgte für vorweihnachtlichen Stress und dicke Schweissperlen auf der Stirn von Kurt Ackermann, Leiter der Wasserversorgung des EW Mels: «Der Zeitpunkt war so ziemlich der schlimmste, den man sich ausmalen konnte. Im Winterhalbjahr ist die Wasserversorgung über diese Quellen für die Gemeinde unverzichtbar.» Die ohnehin heiklen Reparaturarbeiten wurden zusätzlich noch durch Schneefall und Frost erschwert. Nicht nur für den erfahrenen Melser Brunnenmeister war spätestens seit diesem Vorfall klar, dass die damals bereits über 55 Jahre alte Leitung dringend ersetzt werden musste.
Der Projektumfang sowie die entsprechende öffentliche Ausschreibung dafür waren von Seiten der EW Mels bereits wenige Monate später ausgearbeitet, dennoch dauerte es aufgrund von naturschutzrechtlichen Abklärungen sowie einem Einspruch von privater Seite bis zum Frühjahr 2023, bis endlich der Startschuss für den Neubau fallen konnte. Der für die Gesamtplanung zuständige Philipp Grüninger, Standortleiter des Bauingenieurbüros F. Preisig AG in Buchs, erinnert sich: «Das Zeitfenster für sämtliche Arbeiten war mit April bis Ende September streng begrenzt, weil die Gemeinde Mels nur in diesen Monaten auf das Wasser aus den insgesamt vier Stegenquellen verzichten kann. Aufgrund von Schnee und viel Nässe Mitte April konnten wir allerdings erst zweieinhalb Wochen später als geplant beginnen.»
Am 27. April 2023 fiel endlich der Startschuss: Unter der vorgeschriebenen bodenkundlichen Baubegleitung begannen die Firmen Marty und Käppeli mit insgesamt drei Schreitbaggern, die alte Leitung auf einer Länge von insgesamt 1,75 km und mit einem schwindelerregenden Höhenunterschied von mehr als 755 Metern freizulegen und zu entfernen. Danach wurde im bestehenden Verlauf durch Wald und Magerwiesen der Graben mit einer Tiefe von zumindest einem bis eineinhalb Metern für die neue Leitung ausgehoben. Selbst die für extremes Gelände ausgelegten Schreitbagger mussten aufgrund der enormen Steilheit zusätzlich durch Seilwinden gesichert werden. Als weitere Erschwernis kam noch der ständige Wechsel des Untergrundes hinzu, was mehrfache Montagewechsel zwischen Löffel und Abbauhammer an den Baggern erforderte.
«Jedes Mal, wenn ich für meine Messungen in dem feuchten, rutschigen Graben in so steilem Gelände stand, stieg mein Respekt für die tagtäglichen Leistungen des dort tätigen Bautrupps enorm.»
Philipp Grüninger, Bauingenieur F. Preisig AG
«Echte Schwerstarbeit. In Summe mussten sich die Bagger sicher die Hälfte der Leitungslänge durch hartes, felsiges Bodenmaterial kämpfen», schätzt Kurt Ackermann. «Und damit der später zum Schliessen des Grabens nötige Aushub nicht im steilen Gelände abrutscht oder durch Regenfälle weggeschwemmt wird, musste man diesen im Hang mit Palisaden absichern.» Entsprechende bauliche Sicherheitsmassnahmen mit Palisadenwänden aus massivem Stahl wurden übrigens auch zum Schutz des im Baustellenbereich verlaufenden Weitwanderweges «Via Alpina» getroffen: eine beliebte, mehr als 5000 km lange Trekkingroute, die sich quer über acht Alpenländer erstreckt und die auf dem Melser Teilstück während der gesamten Bauzeit keinen einzigen Tag gesperrt werden musste.
Während so die Wanderer in Mels die warme Jahreszeit ungehindert geniessen konnten, liefen die schweisstreibenden Bauarbeiten im Hang auf Hochtouren. Die alte, grossteils aus Stahl und Eternit bestehende Wasserleitung wurde durch fünf Meter lange, steckbare und hydraulisch gesicherte Gussrohre ersetzt, die von der TRM Swiss AG stammten. Ein Rohrproduzent, der im Bereich Wasserversorgung bereits auf über 100 Jahre Erfahrung zurückblickt, und dessen Gussrohre nicht nur den besten Korrosionsschutz, sondern auch eine entsprechend hohe Druckstufe boten. Zusätzlich wurden auch noch zwei Kabelschutzrohre für Strom und Steuerung verlegt sowie insgesamt vier Betonschächte für deren Einzug errichtet.
In Sachen Materialtransport – von der Abfuhr alter Leitungsteile über die Anlieferung der Gussrohre oder der 50 Meter langen, vorgeschweissten Kabelschutzrohre bis zu Baggerzubehör oder Beton – kam im steilen Gelände von Anfang an nur eine Variante in Frage: der Einsatz von Helikoptern. Dabei setzte man auf die bewährten Dienste der Swiss Helicopter AG und legte zwei Materialdepots an: oberhalb der Baustelle sowie unterhalb davon an der Weisstannerstrasse.
Bauingenieur Philipp Grüninger blieben die erschwerten Arbeitsbedingungen auf der Baustelle eindrücklich in Erinnerung: «Allein 15 Minuten Fussmarsch durch unwegsames Gelände vom Parkplatz bis zur eigentlichen Baustelle kommt selbst in der Baubranche nicht häufig vor. Und jedes Mal, wenn ich für meine Messungen in dem feuchten, rutschigen Graben in so steilem Gelände stand, stieg mein Respekt für die tagtäglichen Leistungen des dort tätigen Bautrupps enorm.»
Dem insbesondere für diese heiklen Bauabschnitte zuständigen Marty-Ausführungsleiter Ignaz Beeler streuen Philipp Grüninger und Kurt Ackermann gleichermassen Rosen. «Ignaz war nicht nur vor Ort unser Hauptansprechpartner und immer erreichbar, wenn es etwas Dringendes zu entscheiden oder zu erledigen gab – er stimmte auch die einzelnen Arbeitsschritte mit allen anderen, am Projekt beteiligten Firmen ab. Von Detailfragen bis zu den einzelnen, perfekt aufeinander abgestimmten Helikopterflügen», fasst es Kurt Ackermann zusammen. Und Philipp Grüninger ergänzt: «Für mich war gerade diese reibungslose Zusammenarbeit eine tolle Erfahrung. Und wohl auch ein wesentlicher Grund dafür, dass wir trotz verspätetem Baubeginn und zwei wetterbedingten Unterbrechungen nicht nur termingerecht fertig geworden sind, sondern auch im veranschlagten Kostenrahmen geblieben sind.»
«Diese Baustelle war mit Sicherheit die herausforderndste meines ganzen beruflichen Lebens. Da ist es ein befriedigendes Gefühl, mich mit einem solchen, erfolgreichen Projekt verabschieden zu können.»
Kurt Ackermann, Leiter Wasserversorgung EW Mels
Der 63-jährige Brunnenmeister Kurt Ackermann verbindet mit den vergangenen, anstrengenden Monaten noch etwas sehr Persönliches: «Ich trete nächstes Jahr nach fast 40 Jahren im Betrieb des EW Mels in den Ruhestand. Und diese Baustelle heuer war mit Sicherheit die herausforderndste meines ganzen beruflichen Lebens. Da ist es schon ein sehr befriedigendes Gefühl, mich mit einem solchen, erfolgreich abgeschlossenen und für die Gemeinde Mels besonders wichtigen Projekt verabschieden zu können.»
Erneuerung Druckleitung Stegenquellen Mels
Auftraggeber: EW Mels
Projektleiter Auftraggeber: EW Mels / Kurt Ackermann
Planungsbüro: F. Preisig AG / Philipp Grüninger
Projektleiter MARTY: Ignaz Beeler bzw. Sandra Müller
Beteiligte Unternehmen: Marty Bauleistungen AG, Käppeli Bau AG, Erdgasversorgung Sarganserland AG, Swiss Helicopter AG, Schenk Bruhin AG, Strabag AG, TRM Swiss AG, Impergeologie AG
Zeitraum Arbeiten: 27. April bis 22. August 2023 (4 Monate)
Inbetriebnahme (Stegenableitung inkl. Kraftwerk): 21. September 2023
Eckdaten (u.a.)
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1,75 km Gesamtlänge Druckleitung
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755 m Höhenunterschied
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neue Druckleitung mit einzelnen Stahlgussrohren DN 250 mm (à 5 m/385 kg)
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2 × 120 mm PE-Kabelschutzrohre
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2914 Helikopter-Flugminuten (bei insgesamt 83 Flugeinsätzen)
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3 Schreitbagger
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