Operation «Kantonsspital St.Gallen»
Die Aufgabe gleicht einem Eingriff am offenen Herzen: In einer engen, 11 Meter tiefen Baugrube inmitten der pulsierenden Ostschweizer Metropole soll eine über 6 Tonnen schwere Pressbohranlage Abwasserkanäle unterhalb bereits bestehender Leitungen bohren. – Marty, übernehmen Sie!
Der Arbeitstag beginnt an diesem kühlen Sommermorgen beschaulich ruhig im Rheintal, auf einer ländlichen Baustelle in Trübbach. Hier steht die Hauptdarstellerin für heute und die folgenden Wochen in St.Gallen: die Pressbohranlage FE 2500. Knallig rot, exakt 6,2 Tonnen schwer und mit einem Bohrkopf ausgestattet, der mit seinen drei furchteinflössenden Zahnreihen und daneben liegenden, klappbaren Einzelzähnen klar macht, dass vor ihm selbst Beton und Stein klein beigeben müssen. «Was dieses Gerät allerdings wirklich einzigartig macht, ist seine Steuerung», verrät Projektleiter Erik Weirather. «Den Bohrkopf kann man nämlich nicht nur mittels Luftdruck ansteuern und exakt ausrichten, sondern in ihm ist zusätzlich noch eine Sonde wie bei unseren Spülbohrungsmaschinen eingebaut, die zu jeder Zeit eine genaue Ortung ermöglicht.»
«Im Bohrkopf der FE 2500 ist zusätzlich eine Sonde eingebaut, die zu jeder Zeit eine genaue Ortung ermöglicht.»
Erik Weirather, Projektleiter
In Trübbach verwendete man die erst wenige Monate alte FE 2500 dazu, Abschnitte einer Verbindungsleitung zwischen zwei Kläranlagen zu bohren. Heute warten bereits zwei LKWs darauf, die schwere Pressbohranlage samt Hydraulikaggregat, Rahmenverlängerung und vier Stahlrohren mit 800mm Aussendurchmesser zum nächsten Einsatzort zu bringen. «Für diesen Transport haben wir extra einen LKW mit Kran und Fahrer von der Firma «Jul. Peter Sargans» angemietet», erzählt Erik Weirather. «Aufgrund des grossen Gewichts braucht es nämlich für das Auf- und Abladen einen entsprechend belastbaren Kran. Und die wegstehenden Hydraulikschläuche und sonstigen Teile der Anlage dürfen natürlich auch nicht zu Schaden kommen.»
Kommen sie auch nicht. Routiniert und vorsichtig wird das rote Wunderwerk samt Zubehör Stück für Stück auf die Ladeflächen der LKWs auf Kanthölzer gehoben und die komplette Ladung danach vorschriftsmässig gesichert. Noch ein kurzer Blick auf das Mobiltelefon, um die beste Fahrtroute abzusprechen, und die beiden LKWs setzen sich über die Autobahn in Richtung St.Gallen in Bewegung. Dort wartet bereits Vorarbeiter Hanspeter Eggenberger, um den Konvoi in die enge Baustelle einzuweisen. Nicht ganz einfach, denn hier mitten in der Stadt wurde und wird schon von anderen Firmen fleissig gewerkt. Direkt auf dem Spitalsgelände soll ein Neubau errichtet werden, für den ein eigenes Entwässerungssystem vorgesehen ist.
Schon der erste Blick in die Startgrube sorgt für Respekt: ein enger, sechseckiger Schacht, der auf seiner ganzen Länge von massiven Spundwänden sowie vier zusätzlich angeschweissten Spriesskränzen gesichert ist. Von hier aus müssen zunächst in nördliche Richtung rund 10 Meter mit einem 800mm Rohr und später nach Südosten etwa 30 Meter mit zwei 600mm Rohren gebohrt werden. Und das alles in einer Tiefe von rund 11 Metern, unterhalb des Grundwasserspiegels und umgeben von mehreren, bereits bestehenden Leitungen.
Dem Marty-Team vor Ort wird aber bereits heute, vor Beginn der eigentlichen Bohrungen, vollste Konzentration abverlangt, um die imposante Maschine unbeschadet und sicher in der engen Startgrube in Position zu bringen.
Mit einer Flex werden zunächst Metallverstrebungen entfernt, die noch von der vorherigen Trübbacher Baustelle stammen und dort für die Befestigung der Anlage nötig waren. Danach hängen die Bauarbeiter die tonnenschwere Pressbohranlage mittels massiven Eisenketten an den Kran. Behutsam beginnt die FE 2500 über die aus der Erde ragenden Spundwände zu schweben, ehe sie langsam in der Tiefe verschwindet. Die Anspannung im Team ist förmlich greifbar. «Das hohe Gewicht und die durch die Ausladung entstehenden Kräfte auf die Hydraulikzylinder bringen den Kran auf dem LKW sicher an seine Grenzen», runzelt Erik Weirather die Stirn. «Aber selbst mit der starken Seilwinde auf unserem 25-Tonnen-Bagger hier auf der Baustelle hätten wir da keine Chance.»
Die heikle Phase ist geschafft: Die Pressbohranlage setzt sicher auf dem betonierten Boden der Startgrube auf und wird von zwei Marty-Bauarbeitern anhand einer gespannten Schnur, welche die Bohrachse markiert, eingerichtet. Jedes spätere, auch nur geringfügige Nachjustieren wäre nur mit viel Aufwand möglich. Danach werden noch das kompakte Hydraulikaggregat, die Rahmenverlängerung und die vier wuchtigen Stahlrohre zu ebener Erde abgeladen. Die in den einzelnen Rohren verbauten Förderschnecken dienen dazu, dass das vom Bohrkopf abgetragene Material durch sie hindurch nach aussen transportiert wird. «Zu 99% rechnen wir hier in St. Gallen mit einem eher lehmigen, sandigen Erdreich. Steine kann man natürlich nie ausschliessen», erklärt der erfahrene Projektleiter, der über die gelungene Übersiedlung der Pressbohranlage sichtlich erleichtert ist. Er weiss allerdings, dass ihm und seiner Mannschaft in St.Gallen noch einiges bevorsteht: «Die Bohrungen in den kommenden Wochen unter all den erschwerten Bedingungen werden sicher keine leichte Aufgabe.» – Aber vielleicht ist ja genau das der Grund, warum man sich bei diesem heiklen Bauabschnitt für Marty entschieden hat.
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Leitungsbau am Limit
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